Mit schütterem Applaus ging diese langweilige und bedeutungslose Manon an der Mailänder Scala zu Ende. Glücklich war man dort, dass die Vorstellung zumindest ohne Missfallenskundgebungen vorüber gegangen war – mittlerweile ist das bereits ein Erfolg für sich. Hin und wieder resigniert ein Teil des Publikums so sehr, dass einem sogar zum protestieren die Kraft fehlt… Manchmal…
Für das Desinteresse seitens des Publikums spricht auch, dass sogar um 18:45 noch 40 Stehplätze zu haben waren; im Laufe der Vorstellung leerte sich die Galerie mehr und mehr. Nicht zu reden von den 200 Karten, die im am Tag vor der Aufführung plötzlich verfügbar waren… Nicht einmal die tolle Geschichte „Diva ersetzt Diva“, von dem wundersamen Einspringen von Anna Netrebko für die chronisch indisponierte Natalie Dessay erweckte große Reaktionen. Dass die russische Diva, die mittlerweile mehr absagt als singt, nicht kommen würde erwies sich als durchaus realistische Einschätzung – abgespeist wird man nun in allen Vorstellungen mit der Zweitbesetzung.
Der Scala-Debütant, Fabio Luisi, hat sich in der Vergangenheit bereits weitaus größeren musikalischen Herausforderungen als Manon es ist, gewidmet. Nun ist Manon allerdings keineswegs eine anspruchslose Oper: nach der Verve des Vorspiels zum ersten Akt blieb das Orchester zum größten Teil farblos, vor allem die beiden concertati an den Enden der Akte 2 und 4. Schlimmer noch waren die Gavotten im dritten Akt, die in lähmender Langeweile vorüber gingen, und das Saint Sulpice Bild, wo das Orchester schwunglos und platt keineswegs die Liebes-Turbulenzen des Des Grieux unterstützte und verdeutlichte. Gerade Sänger wie Jaho und Polenzani hätten nach derartiger Unterstützung enormen Bedarf.
Beginnen wir mit dem Des Grieux von Matthew Polenzani: mir fehlen die Worte, um einen derartig offenes und kehliges Singen in der Mittellage zu beschreiben. Dagegen war der Prototyp des „offenen Singens“, Giuseppe di Stefano, ein Meister des „gedeckten“ Singens alla Bergonzi. Dort wo Des Grieux als tenore di grazia mit Süße und verhaltenem Ausdruck punkten könnte und sollte („Nous irons à Paris“ und der „Sogno“) hört man bei Polenzani wenig schmeichelndes Timbre, kurzen Atem und Falsett-hafte Töne, sobald er versucht die Stimme zurück zu nehmen. In der Saint-Sulpice Szene wieder, wo er Biss und Durchschlagskraft bräuchte, zeigen sich seine natürlichen Grenzen, vor allem was technisches Rüstzeug betrifft. Er zermürbt uns mit offenen, gequetschten Tönen und steifen und angestrengten Höhen. Nicht einmal mit Mühe könnte ich einen wirklich befriedigenden Moment von Polenzani in dieser Vorstellung finden.
Damit gleicht er in Vielem der Titelheldin: Manon wäre nicht die allerschlechteste Rolle für ihre Stimme – wenn sie singen könnte. In der tieferen Lage spricht die Stimme kaum an, in der (höheren) Mittellage klingt die Stimme angestrengt, wenn sie über ein mezzo-forte hinaus singt. Ihre Versuche, piano zu singen resultieren in kläglichen Falsett-Piepsern. Die Höhe klingt im ersten Akt angestrengt, im Zweiten muss sie forcieren, ab dem Dritten schreit sie bereits. In der Gavotte und am Ende des vierten Aktes interpoliert sie ein gebrülltes hohes D. Das „Adieu notre petite table“ wird durch ihre Unfähigkeit ein echtes legato zu singen ihr Waterloo, in der Cours-la-Reine Szene mangelt es ihr an Eleganz und Koketterie, die Spitzentöne sind forciert und unschön. Die tessitura am Beginn der Saint-Sulpice Szene stellt sie vor eine schwere Prüfung. Auch dort, wie auch im vierten Akt bleibt sie als Sängerin angestrengt und als Interpretin platt und unbedeutend.
Die Regie von Laurent Pelly ist vor allem konventionell, abgesehen von einem sündigen Abschluss der Saint-Sulpice Szene auf einem Bett, das in einer Ecke der Kirche platziert ist – was keinen Sinn macht und nur von schlechtem Geschmack zeugt.
Selma Kurz
Teatro vacio, publico (bueno, los pocos presentes en sala) amante del aplauso facil, y calidad artistica en el escenario inexistente son los ingredientes que juntos nos ayudan a imaginar una noche cualquiera en el Teatro Alla Scala. Noche como la que hace pocos dias recibiò la Manon de Massenet.
Cuarenta y cinco minutos antes del espectaculo habia mas de 40 lugares libres en el “loggione” y como 70 en la platea, y muchos palcos vacios, cosa normal, aun tratandose de la Manon, para un teatro como la Scala. Normal tambien fue la reaccion palidamente calurosa del publico presente a las pesimas voces y a la desordenada y poco refinada direccion de Luisi.
Antes que nada, el Des Grieux de Matthew Polenzani, el unico en mantener el contrato con la Scala para esta opera, prototipo del canto engolado y abierto. En cada momento, incluso los mas emblematicos, nos costò trabajo encontrar en su voz un sonido limpio, un fraseo homogeneo y un gusto equilibrado.
La Jaho fuè una Manon vocalmente y teatralmente muy fragil e incapaz de enfrentar la partitura tanto en el registro mediano como en el agudo totalmente descontrolado y desafinado. Obviamente, estamos hablando de una cantante expresivamente intexistente, incapaz de actuar y acercarse a la intimidad de este personaje: claro, por toda la noche tuvo que preocuparse de su fragil y debil voz.
Cerramos con Luisi cuya direccion nos pareciò palida y realmente muy muy aburrida, sin respiro, sin luz y sin color.
Manuel García
Another pointless, tasteless, useless show in the so-called first Italian theatre, which is more of a third-age meeting club with every passing night. Deserted rows in the parterre, a lot of “forni” (empty boxes), the loggione assaulted (so to speak) only by a few tourists who wanted to “feel the thrill” of being at La Scala. Indeed, the thrill, or at least the drill was there, every time Ermonela Jaho outpassed the G4 with pure Black & Decker sounds. A poor medium, an inconsistent low register, a painful inability to sing “piano” and “legato” (in the “Petite table” aria we got up to four cracks in the same beat), an amateurish rendering of the Cours-la-Reine scene (oh, those traditional, well-advised cuts!) completed the performance of Miss Jaho, whose only excuse was that of being the substitute for two so-called divas, Madame Dessay and Signora Netrebko, who had cancelled with a few weeks (days, in the case of Netrebko) of anticipation. Matthew Polenzani, labeled as “a discovery” by some Milanese aficionados who “love their Scala”, evoked a big turkey, with his broad, yet in-the-throat and therefore sludgy voice, gasping on the passaggio with out-of-tune sounds, turning to a ridiculous falsetto whenever trying to sing “piano” (especially in the Saint-Sulpice tableau and in Act 5). No emotions, no deepness, no interpretation in short from the pit, where Maestro Fabio Luisi, with his slow tempos and lack of coordination, proposed a boring, grey, almost endless “Manon”. Which is, for the “new” audience of the Lissner age, the symptom of perfection: the more you get bored, the more historical is the show. And this time we got a really, really historical “Manon”!
Antonio Tamburini